Elektromobilität ist derzeit eines der dominierenden Themen in den öffentlichen Diskussionen. Reduktion von Schadstoffemissionen, Aufbau von Ladeinfrastruktur, Steigerung der Batteriereichweite sind Aspekte, die vor allem im Zusammenhang mit Fragen des Individualverkehrs diskutiert werden.
Auch im Bereich der Nutzfahrzeuge erfährt das Thema Elektrifizierung seit geraumer Zeit zunehmende Bedeutung. Ein wachsender Bedarf an elektrisch angetriebenen Lieferfahrzeugen für „die letzte Meile“ bei gleichzeitig drohenden Fahrverboten für Dieselfahrzeuge in Innenstädten verdeutlicht, dass das Thema Elektromobilität auch für Nutzfahrzeuge große Chancen eröffnet.
Im Vergleich zur Elektrifizierung von Pkw sind die Herausforderungen bei Nutzfahrzeugen aber wesentlich komplexer. Nicht nur aufgrund der Tatsache, dass speziell bei Schwerlast-Lkw neue Größenordnungen bei Energiespeichersystemen oder der Ladeinfrastrukturen erreicht werden, sondern auch, weil sich das Thema Elektrifizierung nicht nur auf das fahrende Chassis beschränken lässt. In vielen Fällen ist das prägende Merkmal eines Nutzfahrzeuges der An- und Aufbau. Auch dieser kann bzw. muss sogar elektrifiziert werden, was mit neuartigen Chancen und Herausforderungen verbunden ist.
Eine Elektrifizierung ergibt nicht nur bei Nutzfahrzeugen für den Personen- und Gütertransport Sinn. Vielmehr erschließt sie auch für Land- und Baumaschinen neue Perspektiven. Kompaktere Bauweisen, höhere Leistung oder eine präzisere Maschinensteuerung sind Vorteile, die eine Elektrifizierung ermöglicht.
Vor dem oben skizzierten Hintergrund hat der Aufsichtsrat des CVC im April 2017 beschlossen das Thema „Elektrifizierung“ systematisch im CVC aufzugreifen und einen neuen Themenschwerpunkt zu eröffnen. Der CVC-Geschäftsführer, Dr. Martin Thul, wurde beauftragt ein Konzept zur strategischen Erschließung dieses Themenschwerpunkts zu erarbeiten und im CVC umzusetzen. Rahmenbedingungen für die Entwicklung des Konzeptes waren:
- Berücksichtigung aller Teilbereiche der Nutzfahrzeugbranche, d.h. Lastkraftwagen, Bau- und Landmaschinen sind gleichermaßen einzubeziehen
- Aktive und differenzierte Einbindung von OEM und Zulieferunternehmen, bei besonderer Berücksichtigung von KMU
- Sensibler Umgang mit den erarbeiteten Ergebnissen, insbesondere mit der Frage welche unternehmensspezifischen Erkenntnisse vertraulich bleiben müssen und welche im Cluster für kooperative Innovationsvorhaben genutzt werden können
- Unterstützung von KMU bei der Identifikation neuer Geschäftsbereiche im Rahmen von Elektromobilität bei Nutzfahrzeugen
- Schaffung von Möglichkeiten einer gezielten Beteiligung einer möglichst großen Anzahl von Clustermitgliedern
- Sicherung der Durchgängigkeit von der Formulierung strategischer Entwicklungslinien bis zu konkreten Innovationsprojekten
Nachfolgende Abbildung illustriert das hierfür erarbeitete Konzept, das sich aktuell schon in der Umsetzung befindet.
Den Startpunkt bilden OEM-Workshops mit Nutzfahrzeugherstellern aus den Bereichen Lkw, Land- und Baumaschinen. Hierfür werden durch die Geschäftsstelle des CVC geeignete Workshop-Konzepte entwickelt und in den einzelnen Unternehmen umgesetzt. Die Durchführung der Workshops erfolgt– sofern nicht explizit vom OEM anders gewünscht – intern, d.h. ohne Beteiligung externer Dritter. Dies soll sicherstellen, dass die notwendige Vertraulichkeit gewahrt bleibt. Die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse wird auf Wunsch von der CVC-Geschäftsstelle übernommen.
Ziel der Workshops ist, Grundlagen für die Formulierung einer individuellen Elektrifizierungsstrategie zu erarbeiten sowie notwendige Voraussetzungen für deren erfolgreiche Realisierung zu klären. Zudem sollen auch Szenarien skizziert werden, welche die zukünftigen Einsatzmöglichkeiten und
-restriktionen eines elektrifizierten Nutzfahrzeugs greifbar machen. Aus den Workshop-Ergebnissen lassen sich dann technische Anforderungen aber auch passende Geschäftsmodelle ableiten.
Themenselektion: Wahrung der Vertraulichkeit
Der Schritt der Themenselektion dient insbesondere dazu, die Vertraulichkeit sicher zu stellen und zu verhindern, dass sensible Informationen unkontrolliert bekannt werden. Die Entscheidungshoheit, welche Informationen aus den OEM-Workshops sensibel sind und welche in geeigneter Form im CVC-Umfeld verbreitet werden dürfen, liegt ausschließlich beim jeweiligen OEM. Die intern verbleibenden Themen liefern den Ausgangspunkt für eigene Programm- und Projektplanungen der OEM. Auf Wunsch wird die CVC-Geschäftsstelle den OEM kompetente Partner für die Bearbeitung der Projekte empfehlen.
Themenkonsolidierung: Setzen der richtigen Schwerpunkte
Um das Thema „Elektrifizierung von Nutzfahrzeugen“ für möglichst viele CVC-Mitglieder interessant zu machen, muss aus den Einzelperspektiven der OEM eine breitere Cluster-Perspektive abgeleitet werden. Der Schritt der Themenkonsolidierung hat das Ziel die Themenbereiche zu identifizieren, die für eine Vielzahl von Clusterpartnern interessant sind und sich insofern besonders gut für eine gemeinsame Bearbeitung im Cluster eignen.
Die Themenkonsolidierung erfolgt im Rahmen eines Workshops mit Vertretern der CVC-Gesellschafter und Mitgliedern des wissenschaftlichen Beirats. Diese tragen maßgebliche Verantwortung für die strategische Entwicklung des CVC. Zur Vorbereitung des Workshops wird die CVC-Geschäftsstelle die zur Verfügung stehenden Informationen aufbereiten und strukturieren. Ergebnis des Konsolidierungs-Workshops sind inhaltlich beschriebene und priorisierte Themenbereiche, die nachfolgend gemeinsam mit den Clustermitgliedern weiter detailliert werden.
Festlegung von Innovationsprojekten: die richtigen Projekte gemeinsam definieren
Ziel der themenspezifischen Workshops ist, aus den priorisierten Themenbereichen konkrete Innovationsprojekte abzuleiten und ggf. Konsortien für deren Bearbeitung zu bilden. Im Rahmen entsprechender Veranstaltungen, die sich jeweils auf einen der 3-4 höchst priorisierten Themenbereiche beziehen, werden z.B. Forschungsfragen identifiziert, zu erarbeitende Ergebnisse spezifiziert, wichtige Rahmenbedingungen abgeklärt und benötigte fachliche Kompetenzen ermittelt. Die Workshops werden Cluster-öffentlich durchgeführt, wobei aber die Anzahl der Workshop-Teilnehmer begrenzt werden muss. Teilnehmer sind vor allem Vertreter von Cluster-Mitgliedern, die einen hohen fachlichen Bezug zu den jeweiligen Themenbereichen haben wobei eine möglichst große Beteiligung von KMU angestrebt wird.
Umsetzung von Innovationsprojekten: Entwickeln der richtigen Lösungen
Die abgeleiteten Innovationsprojekte können sehr unterschiedlichen Charakter haben. Es können z.B. sehr forschungsintensive Vorhaben sein, die nur in enger Kooperation von Forschungseinrichtungen mit Industrieunternehmen erfolgreich bearbeitet werden können. Hierfür können ggf. im Nachgang der Vertiefungs-Workshops Förderanträge zur Finanzierung durch die öffentliche Hand gestellt werden. Vor diesem Hintergrund wird auch deutlich, warum der Schritt der Themenkonsolidierung eine so große Bedeutung hat. Er stellt auch sicher, dass Themen so aufbereitet und verallgemeinert werden, dass sie nicht ausschließlich für ein Unternehmen interessant sind, sondern dass sie im Idealfall öffentliches Interesse adressieren, was wiederum eine öffentliche Förderung rechtfertigt.
Neben forschungsnahen, öffentlich geförderten Verbundprojekten können im Rahmen der Vertiefungs-Workshops auch FuE-Projekte definiert werden, die einzelne Unternehmen eigenständig bearbeiten. Beispielsweise dann, wenn notwendige Basistechnologien vorhanden sind, die im Rahmen von Entwicklungsarbeiten an die Rahmenbedingungen im Themenfeld „Elektrifizierung von Nutzfahrzeugen“ adaptiert werden müssen.
Entsprechend dem Konzept der Themenschwerpunkte wird die CVC-Geschäftsstelle auch die Umsetzung der Innovationsprojekte begleiten und dabei die Aufgabe des Programmmanagements übernehmen. In dieser Rolle koordiniert der CVC die entstehenden Projektportfolios, fördert die Themenentwicklung und unterstützt vor allem den Transfer von Zwischen- und Endergebnissen.
Insgesamt bietet das oben vorgestellte Konzept hervorragende Möglichkeiten das Thema „Elektrifizierung von Nutzfahrzeugen“ systematisch im CVC zu erschließen. Der Ansatz stellt sicher, dass die richtigen Bedarfe erkannt und so aufgegriffen werden, dass aus den umzusetzenden Innovationsprojekten Lösungen entstehen, die der Markt braucht.
Die Umsetzung des Konzeptes ist bereits im Juni 2017 mit einem ersten OEM-Workshop gestartet. Weitere werden folgen. Die aktive Beteiligung der CVC-Mitglieder im Rahmen von Vertiefungs-Workshops ist ab dem vierten Quartal 2017 geplant. Über Themen und Termine werden wir Sie im Rahmen unserer elektronischen Newsletter rechtzeitig informieren.
Ansprechpartner
Commercial Vehicle Cluster – Nutzfahrzeug GmbH
Dr. Martin J. Thul
Europaallee 3-5 67657 Kaiserslautern
Telefon: +49 631 – 41 48 625 1
E-Mail: Martin.Thul@cvc-suedwest.com
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